Geld allein macht nicht unglücklich (Peter Falk)

Der clevere Lebenskünstler


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Boden gerettet - oder wieder bloß verkohlt?

Immer mehr wird den Menschen bewußt, obwohl es gerne verschwiegen wird, daß ein enger Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem Zustand unserer Böden besteht. Es ist der Natur nicht mehr möglich, den von Menschen verursachten Anstieg von CO2 in der Atmosphäre zu verarbeiten und in Biomasse umzusetzen, weil überall auf der Welt die Böden schwer geschädigt sind. So wurden durch die jahrzehntelange Intensiv-Landwirtschaft enorme Humusmengen vernichtet, wobei die Böden verwüsten und ihre ursprüngliche Funktion als Kohlenstoffspeicher verlieren.

Der Versuch, den Kohlendioxidausstoß zu vermindern, ist zwar kein direkter Kokolores, er reicht aber keineswegs aus, um einen Klimakollaps zu verhindern. Dies wird nur möglich sein, wenn es gelingt, die Böden wieder gesund und humusreich werden zu lassen. Doch die Zeit drängt. Dazu aber müssen wir lernen, was sich unter unseren Füßen abspielt und wir müssen bereit sein, die Landwirtschaft kompromißlos in die Kreisläufe der Natur zu integrieren.

Die Hauptfunktion eines guten, humusreichen Bodens besteht darin, Wasser zu speichern, denn ausreichend Wasser ist nicht nur für das Pflanzenwachstum wichtig, sondern auch für die Kühlung des Landes durch Verdunstung. Dazu nehmen Pflanzen bis zu 700 mal mehr Wasser aus dem Boden auf, als sie selbst benötigen. Somit kann auf einem Quadratmeter Grünland dieselbe Verdunstungskühlung erreicht werden wie über das Meer.

Leider aber ist es der Landwirtschaft inzwischen gelungen, die Böden zunehmend zu Tode zu düngen. Humusarme Böden können aber nur noch wenig Wasser speichern. Da der Humus fehlt, werden Meeresniederschläge, also der Regen, nun nicht mehr im Boden gespeichert und die Jahrhunderthochwässer stellen sich zunehmend jährlich ein. Die Klimaveränderungen zeigen sich vor allem in der Zunahme von Starkniederschlagsereignissen, wie in jedem Sommer zu beobachten, aber auch in einer größeren Anzahl von Dürreperioden.

Was bewirkt nun eine Steigerung von Humus in den Böden? Das Bodenleben wird aktiviert, was in seiner Gesamtheit wertvollste Arbeit leistet. Der Boden wird von innen her aufgelockert und schafft somit die Voraussetzungen für die Wasserspeicherung. Schadstoffe werden gespeichert und die Aggregatstabilität erhöht sich, was wesentlich dafür ist, daß bei Starkregen das Wasser rasch in den Boden infiltrieren kann und nicht oberflächig abfließt und zusätzlich Bodenmaterial weggeschwemmt wird. Also Humus - nur woher nehmen und nicht stehlen?

Erinnern wir uns zurück an die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals gab es die große Welle der Humuswürmer für alle Gartenbesitzer. Dummerweise sind diese Viechlein wenig begeistert von den Düngermengen, mit denen der Bauer sie jedes Frühjahr beglückt, nachdem er den schweren Traktor in Bewegung gesetzt hat und damit seine Böden weiter verdichtet. Von wegen, wenn im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt. Wenn man uns dergestalt auf dem Kopf herumtanzen würde, wären auch wir wenig begeistert. Da nützt es auch wenig, wenn in der Fielmann-Werbung ein kleiner Junge einen Regenwurm vom Asphalt rettet und in die Wiese aussetzt. Man sieht zwar mit dem Herzen gut, es schadet aber keinesfalls auch den Verstand einzusetzen.

In dem Kapitel "Billig kommt teuer" (siehe Menü, linke Spalte) habe ich bereits über "Terra Preta"-Böden berichtet, die bereits von präkolumbianischen Indianern geschaffen wurden, denen es offenbar gelang, ursprünglich nährstoffarme Böden so fruchtbar zu machen, daß sie Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen Menschen ernähren konnten, ohne an Gehalt zu verlieren. Wie sie dies schafften, war lange Zeit ein Rätsel, das inzwischen gelöst zu sein scheint. Eine neue Technologie zur Bodenverbesserung könnte in den Startlöchern stehen. Es gibt viel zu verschlafen, pennen wir wieder ein?

Aufgrund von Knochen und Bioabfällen, die ihnen zugeführt wurden, enthalten "Terra Preta"-Böden sehr viele, wertvolle Nährstoffe, wie Phosphor, Stickstoff, Kalzium und Kalium. Doch das eigentlich Wichtige ist das sogenannte "Biochar", die Biokohle. Sie sorgt in diesen schwarzen Böden dafür, daß Nährstoffe gut gespeichert werden können, erhöht die Bodenstabilität, die Wasserspeicherfähigkeit und somit den Humusgehalt, also genau jene Eigenschaften, die durch die heutige Intensiv-Landwirtschaft verloren gegangen sind. Also "Back to the roots", ab in die Steinzeit?

Gottseidank sind wir inzwischen auf eine High-Tech-Variante gestoßen, die die Verkohlungsprozesse von damals den Anforderungen des 21. Jahrhunderts anpaßt. Das Konzept liegt darain, Rohstoffe aus der Landwirtschaft und Landschaftspflege, wie zum Beispiel Grünschnitt oder Rapskuchen, sowie Klärschlamm oder Gärreste so zu verwerten, daß sie sich als Alternative zur bisherigen Kompostproduktion eignen und zwar durch Pyrolyse. Da dadurch nichts verbrannt wird, sondern lediglich verschwelt, wird nur ein Teil des CO2 aus der Biomasse an die Atmosphäre abgegeben. Von der so technisch hergestellten Biokohle verspricht man sich signifikante Bodenverbesserungen, um wieder jene Eigenschaften zu erreichen, die auch die alten "Terra Preta"-Böden auszeichneten.

Ein serienreifer Prototyp eines Pyrolyse-Reaktors produziert bereits in Ingelheim am Rhein die begehrte Biokohle auf dem Gelände des "Abwasserzweckverbandes Untere Selz". Aber auch in der Schweiz ist man nicht untätig geblieben. Der neuartige Pyrolyse-Reaktor der Firma Delinat in Lausanne wird Mitte Januar dieses Jahres seine Arbeit aufnehmen und täglich mehrere Tonnen Biokohle erzeugen. Ab Frühjahr werden dort regelmäßige Führungen angeboten und Delinat-Kunden können Biokohle für eigene Garten- und Topfversuche beziehen.

Doch schon jetzt ist Terra Preta für manchen ein goldener Boden, den es zu bestellen gilt, denn wo sich sinnvolle Wege auftun, lauern bereits die Wegelagerer. So wird Biokohle im Internet seit einiger Zeit als eine Art Wundermittel angepriesen und mit markigen Schlagworten angeboten. Zum Beispiel so: "Weniger düngen und gießen dank der schwarzen Erde vom Amazonas. Terra Preta kann Pflanzen mehrfach so schnell wachsen lassen . . . erhöht einen Ertrag um ein Vielfaches . . . kann künstlichen und natürlichen Dünger ersetzen . . .", nur fliegen ist noch schöner. Klar - sowas muß sein Geld wert sein. Mit 44 Euro für ein Viertelkilo Erde sind Sie dabei, ergibt 176.000 Euro für eine Tonne Gold, äh Erde.

Boah, eeeeeeeeeh - und das alles ohne Multi-Level-Marketing!

Zum Vergleich: Eine Tonne gute Gartenerde kostet zwischen 30 und 50 Euro. Eine Tonne Erde in Terra-Preta-Qualität läßt sich für etwa 80 Euro herstellen.