Geld allein macht nicht unglücklich (Peter Falk)

Der clevere Lebenskünstler


Header Section

"Moagst mei Haum?"

Dort, wo man so spricht und redet, beginnt für viele bereits jener Teil der Welt, den man als hinteren kennzeichnet, denn dort streifen Wölfe durch die Gegend und finstere Gestalten wildern nächtens das arme Getier im Wald. Im Winter versinkt die gesamte Gegend im Schnee und im Sommer lauern wilde Eingeborene, die ein aus Norden angereister Mensch kaum verstehen kann, um die ehemals als Sommerfrischler bezeichneten Erholungssuchenden wie die Kühe zu melken. Kurzum: es muß irgendwo in der hintersten Ecke Bayerns sein. Oder da, wo Bayern am schönsten ist, nämlich in Oberbayern, nahe der östereichischen Grenze. In Bayrischzell, im Landkreis Miesbach.

Übersetzt in ein gepflegtes Hochdeutsch bedeutet die Überschrift: "Gefällt Ihnen meine Häkelmütze und möchten Sie auch eine käuflich erwerben?" Und zwar von Sandra Sieber, 34 Jahre alt, zweifache Mutter, alleinerziehend und alles andere als von gestern. 23 Stunden pro Woche arbeitet sie bei der örtlichen Sparkasse als Kundenberaterin und weiß alles über Kredite, Vermögenspläne, Aktienfonds und Geldanlagen. Und sie weiß, wie man Häkelmützen herstellt. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Haum also. Schön, dick, bunt, handgestrickt. Da kann kein bayerischer Winter gegen an. Ein norddeutscher schon gleich gar nicht. Fremder, kommst du im Winter nach Bayrischzell, siehst du nur bemützte Bayrischzeller und du weißt, da war Sandra zugange, denn mittlerweile hat das halbe Dorf solche Mützen. Wenn Sie diesen Text lesen, sind es wahrscheinlich noch mehr. Und Sandra strickt und strickt, zusammen mit ihrer Mutter, denn allein, das schafft sie schon lange nicht mehr. Denn die Bestellungen kommen immer schneller ins Haus. 40 Stück pro Woche sind es mittlerweile, steigend. Besonders im Winter, wenn es kalte Ohren gibt.

Längst beliefert sie auch Sportgeschäfte in der Region. Was heißt Region, ganz Oberbayern. Ach was, die Bestellungen kommen längst aus allen Ecken Europas. Logisch, schließlich hat sie als  junge Frau eine eigene Webseite, die verkauft. Nennt sich www.my-haum.de.

Wer dann der geschäftstüchtigen Oberbayerin seinen Kopfumfang in Zentimetern sowie seine Farb- und Bommelwünsche sendet, der hält nach spätestens drei Wochen seine handgemachte Mütze in den Händen. Kostet 36 Euro, noch oben offen. Auf Wunsch gibt's auch einen Schriftzug auf die Mütze, etwa "Berggeil" oder "Pistenluder". Wem's halt gefällt, geil ist ja heutzutage geil. Über Geschmack läßt sich eben nicht streiten, höchstens rätseln. Aber dafür bleibt Sandra keine Zeit.

Allerdings ist das Ganze längst kein Job mehr für Schlafmützen, denn mit Schlafen sieht's manchmal recht schlecht aus. Gut, eine Powerfrau schafft sowas noch spielend, und wenn sie in der Frühe um halb sechs Uhr beginnt, dann ist dies ihre Häkel-Meditation. Häkeldauer pro Mütze: rund drei Stunden. Und sowas läppert sich bei ein paar hundert Bestellungen pro Saison. Freie Tage: Fehlanzeige, Wochenende dito. Sonst stockt die Produktion, und die Kunden meckern. Die warten sowieso schon voller Sehnsucht (oder gar Sucht, denn manche besitzen bereits fünf oder mehr Mützen) auf ihre Haum.

Nicht, daß dann im Sommer Ruhe wäre. Da wird der Wintervorrat vorbereitet. Wenn sich dann im Freibad ein kleiner Menschenauflauf bildet, da strickt Sandra im Freibad weiter, von ihren Freunden umgeben. Schließlich braucht frau auch mal wieder frische Luft und Sonne. In der Weihnachtszeit holt sie sich die Frischluft auf dem Bayrischzeller Weihnachtsmarkt. Was sie dort macht. Dumme Frage: Mützen verkaufen. 

Also: Denken Sie daran, wenn Sie ein Hobby haben, etwa Mützenstricken, und Sie lassen sich mit dem Ergebnis sehen, kann es auch Ihnen schlecht ergehen. Wildfremde Menschen wollen schließlich auch sowas haben. Und dann sind Sie plötzlich Unternehmer oder -in und können gar nichts dazu. Hat sich ganz einfach rumgesprochen. Und die eigene Webseite, ach, die hat's dann einfach irgendwann gebraucht. Affengeil, oder?

Doch auch andere können stricken, so wie Oma Bea, die erkannt hat, daß viele junge Leute heute nicht mehr stricken können. Doch wer keine Großmutter mehr hat und zudem zwei linke Hände, kann sich bei fränkischen Omas von Hand und mit viel Liebe gefertigte Strickwaren bestellen unter www.myoma.de. Oder wem's beliebt und der japanische Bommelmützen liebt, der ist bei den Strickerinnen von zwei Studenten bestens aufgehoben und läßt stricken bei www.myboshi.net. Oder man läßt sich gleich die Vielfalt des Stricken zeigen und kaufen bei www.omaschmidtsmasche.de

Eine gute Möglichkeit für alle Strickhandwerkerinnen und solche, die gerne ihre Erzeugnisse verkaufen möchten, aber eine eigene Webseite scheuen, besteht darin, einen eigenen Shop auf einer entsprechenden Plattform einzurichten. National empfiehlt sich dafür www.dawanda.com und international www.etsy.com.